Kirche Helmers
Kirchen > Kirchen im Kirchspiel
Ein Brauhaus wird zum Gotteshaus
Es muss für die 90 Helmerser ein bewegendes und beglückendes Gefühl gewesen sein, als an einem Sonntag des Jahres 1672 im Auftrag des Herzoglichen „Consistoriums“ der Frauenbreitunger „Adjunct“ Melchor Reinhardt die erste Helmerser Kirche im Beisein des zuständigen Rosaer Pfarrers Georg Ernst Abe weihte.
Wie beschwerlich war es doch für die Dorfbewohner vorher, den Gottesdienst zu besuchen, ihre Verstorbenen zu beerdigen, zu heiraten, Kinder taufen oder konfirmieren zu lassen. Dazu war bei jedem Wetter der knapp vier Kilometer lange Weg zu ihrer zuständigen, erstmals 1326 erwähnten Kirche in Rosa zurückzulegen. Sie war die Mutterkirche des sogenannten „Rösleinverbandes“, einem Kirchspiel mit den Filialen Zillbach, Bernshausen, Eckardts, schon ab 1531 auch mit dem Dorf Georgenzell und seinem ehemaligen, im Bauernkrieg zerstörtem Kloster, sowie Helmers.
1544 wurde von Johann Forster, einem Freund Martin Luthers, im Henneberger Land – auch in den Ämtern Frauenbreitungen mit Helmers und Sand mit Rosa – die Reformation eingeführt. Der Gottesdienst wurde umgestaltet, neue Bibeln eingeführt und protestantische Pfarrer angestellt.
Mitte des 17. Jahrhunderts gehörte Helmers nach dem Aussterben der Henneberger Grafen 1583 und der Aufteilung des Landes zum Herzogtum Sachsen-Gotha. Landesvater war Herzog Ernst I., der Fromme (1601 – 1675), auf Friedenstein in Gotha. Er war ein aufgeklärter Fürst. Wegen seiner Frömmigkeit wurde er von Höflingen auch spöttisch „Beternst“ genannt. Nach den Schrecken des Dreißigjährigen Krieges lag sein Land darnieder. Auch Helmers verlor zwei Drittel seiner Einwohner, hatte kaum noch Vieh, die Felder waren verwüstet und lagen brach.
Ernst I. entwickelte kluge Ideen für eine wirtschaftliche Wiederbelebung seines Herzogtums. Dazu gehörten eine Schulreform („Schulmethodus“ 1642), die Optimierung der Verwaltung und die Unterstützung notleidender Untertanen durch die Schaffung der Gothaer Mildenkasse im Jahr 1651. Es verwundert deshalb auch nicht, dass er wegen Neuregelungen zur Pfarrerbesoldung am 2. Oktober 1662 über sein „Consistorium“, also die kirchliche Mittelbehörde, in Helmers anfragen ließ, ob das Dorf bei der Pfarrei Rosa bleiben oder nach Wernshausen wechseln wolle. Die Helmerser entschieden sich, als Filiale bei Rosa zu bleiben.
Aber man trug sich im Dorf doch mit dem Gedanken, eine eigene Kirche zu bauen, wie auch in Bernshausen bereits 1625 geschehen, und sich so die beschwerlichen Wege nach Rosa zu ersparen. Ein weiterer Grund mögen auch die furchtbaren Leiden im Dreißigjährigen Krieges gewesen sein. In Anbetracht dessen suchte man sicherlich auch mit einer eigenen Kirche die größere Nähe zu Gott. Und so setzte man am 16. Oktober 1664 in Wasungen einen Vertrag auf, in dem Dr. Alexander Hummel aus Salzungen als Gutsbesitzer in Helmers einen Bauplatz für eine neue Schule (es gab seit 1661 bereits eine erste kleine Schule in Helmers, den sogenannten „Hundestall“) und eine Kirche mit Gottesacker an die Gemeinde abtrat – und dies unter „Hergebung eines Bräuhäuschens“. Im Gegenzug durfte Dr. Hummel acht Schafe halten und brauchte bei Jagden die Hunde der Herrschaft nicht mehr aufzunehmen.
In der Helmerser Schulchronik wird erwähnt, dass der herzogliche Oberförster in Helmers Jacob Reuß und die „Zillbacher Zehntmännin“, Frau Ruhmann, geb. Reuß, der Gemeinde Land für Kirche, Schule und Friedhof schenkten. Es ist durchaus denkbar, dass der Vertrag von 1664 noch einmal erweitert oder später durch die neuen Landbesitzer bestätigt wurde.
Bemerkenswert ist, dass aus dem Helmerser Brauhäuschen eine Kirche gebaut werden sollte. Dazu schrieb 1863 der Rosaer Pfarrer Helbig rückblickend im „Seelenregister“: „In Helmers musste Gambrinus Christus weichen, in Saalfeld, wo eine Kirche in ein Malzhaus verwandelt worden ist, ist es umgekehrt!“ Es ist allerdings nicht davon auszugehen, dass die Helmerser fortan auf ihren geliebten Gerstensaft verzichtet hätten. 1673 lag bereits eine „Brau- und Schankgerechtigkeit“ bei dem Helmerser Förster Jacob Reuß und ab 1681 noch eine zweite bei der Gemeinde Helmers.
Der Bau und die Einrichtung einer eigenen Kirche war nur gut zwei Jahrzehnte nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ein gewaltiges Vorhaben für die kleine, arme Gemeinde. Ohne landesväterliche Unterstützung, Kollekten und Spenden wären die Baumaßnahmen nicht denkbar gewesen. 1672 hatte man die notwendigen Mittel von 168 Thalern 4 Groschen und 10 Pfennigen zusammen. Neben Herzog Ernst, den Frommen, unterstützten auch umliegende Gemeinden mit Bauholz, Dr. Hummel aus Salzungen mit Getreide für das Zugvieh der Fuhrleute und die Kirchgemeinde Rosa mit Mitteln aus dem „Gotteskasten“ für den Taufstein das Vorhaben. Die Gemeinde verkaufte 50 Ar Wiese für 29 Gulden an Wernshausen und die Einwohner gaben nochmals 6 Gulden für den Kirchenbau. 1672 wurde die neue Helmerser Kirche geweiht. Der genaue Termin und der Inhalt der Predigt sind nicht überliefert.
Aber wie sah die Helmerser Kirche damals aus? Sie zeigte sich als einfacher, schmuckloser rechteckiger Fachwerk-Zweckbau mit Satteldach und spitzem Dachreiter für die Glocken auf der südwestlichen Giebelseite. Es gab wohl eine Orgel und eine Kanzel, aber weder Leichenhalle noch Sakristei. Über Details der Innenausstattung ist nichts bekannt.
1673 wurde in der neuen Kirche das erste Kind getauft, ein Jahr später das erste Brautpaar „copuliert“, d.h. getraut. Die erste Beisetzung auf dem neu angelegten Friedhof gleich neben der Kirche am Breitunger Weg ist für 1683 belegt.
Da notwendige Instandsetzungsarbeiten an der Kirche die Möglichkeiten der Helmerser Gemeinde übertrafen, war man immer wieder auf Spenden und Staatszuschüsse angewiesen. 1810/11 machte sich eine neue Orgel erforderlich. Sie konnte nur durch eine Bezuschussung der Sachsen-Meiningischen Regentin Louise-Eleonore (1763 – 1837) in Höhe von 250 Gulden eingebaut werden. Ausführender war der Orgelbauer Oesterreich aus Oberlimbach. 1845 erhielt Helmers für 38 Gulden seine erste Turmuhr.
1907 entschloss man sich in Verbindung mit der Behebung von Bauschäden einen Turm mit neuem Geläut, eine Sakristei und einen Leichenraum nordöstlich an die Kirche anzubauen. Herzog Georg II. von Sachsen- Meiningen (1826 – 1914) sagte am 27. Juli 1907 die Übernahme der Kosten in Höhe von 7200 Mark aus seiner Privatschatulle zu. Bereits ein Jahr später, am 9. Juli 1908, war das Bauvorhaben abgeschlossen, wurde das neugestaltete und erweiterte Gotteshaus eingeweiht. Daran erinnert heute noch eine Steintafel über dem Turmeingang an der Nordwestseite.
Der untere Teil des Turms wurde verputzt, der obere mit der Turmuhr und den Klangarkaden in filigranem Schmuckfachwerk aufgerichtet. Letzteres erforderte aber einen erheblichen Pflege- und Instandsetzungsaufwand. Die Helmerser Gemeindeväter veranlassten daher 1932 eine Verkleidung mit Lärchenbrettern. Auch heute ist das schöne Fachwerk leider noch holzverschalt. Nachdem bereits 1718 Zillbach eine eigene Pfarrei wurde und aus dem Kirchspiel Rosa ausschied, folgte 1914 auch Bernshausen. Anfang der 1920er-Jahre schloss sich Helmers der Pfarrei Wernshausen an, Eckardts ging zu Zillbach, später zu Roßdorf. Damit endete die wichtige regionale Bedeutung des Kirchspiels Rosa.
Über nahezu 400 Jahre wurde die Helmerser Kirchgemeinde von 29 Pfarrern von Rosa aus betreut. Sie trugen wesentlich zur Entwicklung des Helmerser Gemeindewesens bei. Der 1927 als Pfarrer nach Wernshausen berufene und auch für Helmers zuständige Heinrich Runte engagierte sich nachhaltig für die kleine Helmerser Dorfkirche, bevor er ohne Angabe von Gründen von Amtsträgern der „Deutsch-Kirche“ entlassen wurde. Wohl auch durch sein Mittun wurden Mitte der 1930er Jahre die Innenräume neugestaltet, ein gestiftetes Bleiglasfenster mit den vier Evangelisten über dem südwestlichen Eingang eingesetzt und Fußbodenplatten verlegt.
Zwischen 1968 und 1972 gestaltete die Kirchgemeinde die Räumlichkeiten erneut um. Es entstand ein beheizbarer Winterkirchenraum, eine neue Bestuhlung wurde eingebaut und ein Bleiglas- Langfenster in der Südostwand erhellte nun deutlich besser das Kirchenschiff.
Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden zwei der drei im Jahr 1908 aufgehängten Glocken zum Einschmelzen für Kriegszwecke abtransportiert, genau wie 2584 weitere aus Gemeinden der Thüringischen Landeskirche. Nach elf Jahren war das Helmerser „Glockentrio“ aber wieder komplett. Zwei neue gusseiserne Glocken wurden 1950 von der Kirchengemeinde angeschafft. Sie erklingen nun wieder im vierten Obergeschoss des 17 Meter hohen Turms, seit 1983 elektrisch angetrieben und quarzgesteuert.
Bemerkenswert dürften für interessierte Kirchenbesucher die zwei erhaben behauenen und bunt bemalten Grabsteine der Försterfamilie Reuß aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, das Taufbecken von 1672 und der noch gut erhaltene alte Tretbalg für die Orgel sein. Aber auch die sehr schlichte Gesamtausstattung des Gotteshauses mit der einfachen Bemalung und dem goldfarbenen „Auge Gottes“ an der Holzgewölbedecke dürften auf den Betrachter Eindruck machen.
Instandsetzungsarbeiten sind immer wieder notwendig, um das denkmalgeschützte Gebäude zu erhalten. 1997/98 waren grundhafte Sanierungen am Turm und dem Kirchendach erforderlich, 2015 bedurfte es eines neuen Außenanstrichs. Zur Zeit bemüht sich der Helmerser Kirchenvorstand um die Finanzierung einer neuen steinernen Zugangstreppe und der anstehenden, teuren Orgelrestaurierung.
Heute zählen Helmers, Roßdorf, Eckardts, Wernshausen und Rosa mit Georgenzell zum Evangelisch-Lutherischen Pfarrbereich Roßdorf-Wernshausen, der neben 21 anderen zum Kirchenkreis Bad Salzungen-Dermbach gehört.